Bunde Hunde
Pressetext:
Eine Hommage an die Pfalz und das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen: Bei seinen seinem Solo-Auftritten zeigt Willi Brausch die emotionale Seite seines vielfältigen Wirkens als Musiker und Songwriter.
Ein Mann, eine Gitarre, ein Mikro! Er bietet echte Handarbeit ohne Schnick-Schnack! Neben eigenen Stücken, spielt er original Pfälzer Gassenhauer und Stücke von Kurt Dehn, der singenden Legende von der Weinstraße und spiegelt dabei nicht nur die ungetrübte Pfälzer Lebensfreude und die Liebe zum Wein.
Bei seinen Auftritten bietet er tiefe Einblicke in das Leben des Songwriters und bekennenden Vorderpfälzers, der vor allem dann zu seinen Idolen und Idealen steht, wenn jene drohen, ins Abseits zu geraten. Dies gilt für den Fußball, („Moin Oba, Fritz Walter, Un Isch“), genauso wie für die Menschen, deren Schicksal und Geschichten weitestgehend unsichtbar in unserer Gesellschaft verhallen: „Fer Wen Isch Sing“ / „Für Wen Ich Singe“ ist nicht nur die zum Nachdenken anregende Schlusspointe des Mundart-Albums BUND HUNDE, sondern zeigt durch die hochdeutsche Übersetzung des Titels auch den Stellenwert, den dieses Thema für Willi Brausch darstellt.
Bei seinen Auftritten gibt er vielfältige und authentische Einblicke hinter die vermeintlich raue Schale des Musikers. Er erzählt facettenreiche Geschichten, und schafft mit Pfälzer Mundart eine Atmosphäre, die nicht nur Ohr, Herz und Hirn erreicht, sondern auch dortbleibt.
CD-Besprechung auf www.rocktimes.info von Sabine Feickert
Deutsche Texte werden oft abgewertet und belächelt. Teilweise ja auch zu Recht. Mundart gilt gemeinhin als exotisch und oft trivial. Nur wenige Bands konnten im heimischen Slang überregional punkten. Und 'Pälzisch'? Ich glaube mich zu erinnern, dass es vor einigen Jahren in irgendeiner Umfrage auf dem zweiten Platz der unsexiesten Dialekte gelandet war. Pfälzer Musik? Da denkt man (wenn überhaupt) doch erstmal an »Palzwoi, Hals noi« und Co. Vielleicht sogar noch an Schorle-Rock von Grabowski, Anonyme Giddarischde, Kä Thema oder Dubbeglasbrieder. Was für Feste und Partys. Aber es geht auch ganz anders. Einen ersten Vorgeschmack hatte ich 2011 beim Konzert des 1. Frankenthaler Männerchors bekommen. Damals spielte Willi Brausch "Nimmie do", ein Song, der mir im Ohr geblieben ist und mich schon beim ersten Hören berührt hat. Allein dieses Lied war es mir wert, diese CD zu kaufen, eigentlich aus rein privatem Interesse. Willi Brausch solo und akustisch. Ich hab sie angehört. Und dann gleich nochmal. Und nochmal. Und find sie saugut! Und ja, "Nimmie do" ist drauf. Aber noch viel mehr, also fangen wir vorne an. Rein akustisch und instrumental geht es los mit "Fawn" von Kathleen Brennan und Tom Waits. Ein schönes kleines Appetithäppchen bevor es mit eigenen Songs weitergeht.
"Moin Oba, Fritz Walter un isch" erzählt eine Geschichte, die so oder so ähnlich wahrscheinlich ganz viele Fußballfreunde kennen. Der kleine Bub, der mit dem Opa ins Stadion (in diesem Fall natürlich der Betze) durfte und dort auf eine Weinkiste gestellt wurde, damit er den Ball überhaupt sehen kann. Nach dem Spiel gab’s in der Wirtschaft eine Bluna und Pommes für das Kind und die erste Begegnung mit Fritz Walter, auf einer ganz menschlichen Ebene. Das kommt so goldig und lebendig rüber, da hockt man mitten drin, in dieser Vereinsgaststätte mit Holzstühlen, Spielautomaten, Zigarettenqualm und viel Gebabbel.
"Bunde Hunde", der Titelsong, erzählt eine Lebensgeschichte, die mit Höhen und Tiefen ausgestattet ist. Ein verkaterter Morgen nach einer durchzechten Nacht. Das ist der Anlass, nicht nur auf den Vorabend mit den Liedern von früher, sondern auch auf Freundschaften zu schauen. Die 'Bunde Hunde', das sind diese Freunde, die alle ein bisschen unkonventionell ticken. Sie sind da, wenn man sie braucht, ganz egal wie Scheiße grad alles läuft.
"Bring misch häm" ist ein Lied, das Heimatverbundenheit in einem absolut positiven Sinn rüberbringt: »Do kumm isch her, do g’heer isch hie« (Da komm ich her, da gehöre ich hin). Das geht ganz ohne Politik und Chauvinismus ab: »doch kaum bin isch fort, muss isch net lang warde, do her isch moi Herz zu moiner Seel sage: bring misch häm in die Palz, weil mers do so saugut g’fallt, schäne Mädscher und gude Woi, isch will nie mehr wuannerschd soi«.
"Vorbei" erzählt, wen wundert’s bei dem Titel, von einer Trennung nach 25 Jahren des Zusammenseins, 10 Jahren Ehe. Ein Lied, das mit wenig Worten die ganze Geschichte einfängt. Stark umgesetzt wie die flirrende Akustikgitarre die innere Unruhe in so einer Situation rüberbringt und die sparsam eingesetzte Harmonika Melancholie und Sehnsucht reinbringt. Das Thema wird einfühlsam umgesetzt, sparsam aber vielsagend.
"'S gläne Schörlsche" ist ein Trinklied – vordergründig. Für alle Nicht-Pfälzer/Nicht-Pfalzkenner: Ein 'Schörlche' ist eine Weinschorle, bevorzugt eine Rieslingschorle. Die wird im 0,5l (Dubbe-)Glas ausgeschenkt und enthält vier Finger hoch Wein und vier Finger breit Wasser. Vordergründig bestellt die Runde noch ein 'Schörlche', obwohl sie nicht mehr durstig sein können. Und wie das so ist, wenn man mit guten Freunden einen übern Durst getrunken hat, werden die Beteiligten nachdenklich, schwelgen in Erinnerungen. Beim Gebabbel, das in Folge vieler 'Schörlcher' entsteht, wirken Thomas 'Edsel' Merz (Anonyme Giddarischde) und James Hüther mit. Zwischendurch wird das Gebabbel nostalgisch. Einer hat alte Fotos wiedergefunden und die Runde erinnert sich an den 'Roten'. Wer ihn gekannt hat, sieht ihn vor sich: Er lacht herzhaft und laut vor Freude, dass er so ein schönes Denkmal gesetzt kriegt. Und trotzdem ist "'S Gläne Schörlsche" auch ein Lied, das man in gemütlicher Runde singen (und mit eigenem Gebabbel füllen) kann. Weil manchmal entwickelt sich’s ja so wie in diesem Lied, man findet kein Ende, will das auch gar nicht, weil es so 'gemiedlich' ist und man sich so gut versteht.
Mit "Tschänau" kommt was ganz nettes Sommerliches mit Wortwitz und Zungenbrecher. Und so richtig schön leicht, locker beschwingt wird die Stimmung im Liebeslied "Des Isses". Genauso isses in einer Beziehung, in der alles stimmt. Rundum rund und einfach schön. Das ist gefühlvoll, aber nicht schnulzig.
Der "Pälzer Bu" ist als Traditional angegeben und ist das Lied, vor dem ich beim Blick auf die Tracklist Angst gehabt habe. Viel zu oft hab ich es schon viel zu weinselig runtergegrölt gehört. Aber, saugut, der Willi 'rotzt' das so trocken und rau hin, dass es wirklich wieder Spaß macht. Wer was über die Pfälzer Mentalität wissen will: hier ist es in gut zwei Minuten auf den Punkt gebracht. Kurzfassung: hart aber herzlich!
Und dann kommt "Nimmie Do" und trifft mich immer noch so tief ins Herz wie beim allerersten Mal. Auch für das schwierige Thema Tod findet Brausch die richtigen Worte und Töne. "Fer Wen Isch Sing (Für Wen Ich Singe)" ist eine 'Übersetzung' des Liedes von Hanns Dieter Hüsch und lässt die CD ausklingen.
Die ganze Platte kommt total ehrlich und geraderaus rüber. Die Songs sind durchgehend ausgereift, die Texte stimmig und auf den Punkt gebracht. Dazu kommt ein warmer Sound, ein stilvolles Klappcover mit Booklet, in dem die Lyrics abgedruckt sind. Schnörkellos und gradlinig bringt dieses erste Solowerk alles mit, was man sich wünscht. Ich leg’s euch ans Herz und vergebe einen RockTimes-Tipp!